Wir.Hier. magazin. 2023 Q4

Q U E R E I N S T E I G E R G E S U C H T Gabelstapler und befördert eine Ladung nach der anderen in den Lkw. Mit dem fährt sie dann mehrmals am Tag hin und her. „Das macht riesigen Spaß“, sagt Wolf. Es gab aber auch Hürden für die Quereinsteigerin. „Der Stapler hat mich wahnsinnig gemacht“, erzählt Wolf. Am Anfang habe sie viele Kollisionen mit dem Stapler verursacht, unter anderem mit einem Rolltor. Dass Ähnliches auch erfahrenen Kollegen noch passiert und niemand ihr das übel nahm, beruhigte sie kaum. „Es sind schon Tränen geflossen“, sagt sie. Sie setze sich selbst immer sehr unter Druck, alles richtig zu machen. „Geduldig sein ist für mich ganz schwierig. Ich möchte am liebsten alles sofort können.“ Was ihr bis heute hilft, ist, dass die Kollegen sie immer unterstützen. „In der Firma bekommt man immer den Rücken gestärkt.“ Kollegen schätzen ihre Gewissenhaftigkeit Ob der neue Job noch etwas mit dem alten beim Juwelier gemein hat? Nicht viel, findet Wolf, schließlich hat sie die Wärme des Schmuckladens gegen einen Job getauscht, bei dem sie auch bei Regen und Kälte draußen arbeitet. „Das macht mir aber gar nichts, ich habe ja eine Jacke“, sagt sie und lacht. Einzig der Kontakt zu vielen unterschiedlichen Menschen ist geblieben. Früher handelte es sich meist um Kunden, heute trifft sie vor allem die Kollegen aus den unterschiedlichen Bereichen – vom Chemikanten bis zum Logistiker. Bei ihnen wird sie für ihre Akribie geschätzt, und schon mal liebevoll damit geneckt, „übergewissenhaft“ zu sein. Die gute Beziehung zu vielen ihrer Kollegen ist ein wichtiger Grund, warum sie so froh ist, den Umstieg gewagt zu haben. Auch privat probiert sie immer wieder Neues. Ihr Hobby ist Walken, einmal im Jahr läuft sie inzwischen sogar einen Halbmarathon. Selbst eine Alpenüberquerung über den Wanderweg E 5 hat sie gemacht. Und kürzlich hat sie geheiratet. Einen Ring trägt sie seitdem auch wieder – zumindest nach der Arbeit. G E B H A R D L I N S C H E I D , T E C H N I S C H E R L E I T E R B E I U R S A - C H E M I E , Ü B E R E I N - S T I E G S M Ö G L I C H K E I T E N F Ü R Q U E R E I N S T E I G E R „Am hilfreichsten sind für uns Bäcker, Köche undMetzger“ „Wenn Du Dich für die Chemiebranche interessierst und aus einem anderen Beruf kommst, bist Du bei uns genau richtig“ – so wirbt UrsaChemie auf seiner Karriereseite um Quereinsteiger. Für das Unternehmen ist das eine wichtige Möglichkeit, um angesichts des Fachkräftemangels genügend Personal zu finden. „Am hilfreichsten sind für uns Bäcker, Köche und Metzger“, sagt Gebhard Linscheid, der als technischer Leiter auch für die Ausbildung der Quereinsteiger zuständig ist. Denn: So wie diese Fachkräfte verschiedene Zutaten vermengen, mische man auch bei Ursa unterschiedliche Komponenten und arbeite mit Rezepturen. Nur die Materialien seien unterschiedlich. Infrage kommt für Wechselwillige zum Beispiel der Beruf des Chemikanten: Dieser stellt aus Rohstoffen chemische Produkte her – etwa chemische Produkte für die Automobilindustrie oder Zusatzmittel für Zementmischwerke. Wer sich dafür entscheidet, muss allerdings eine Ausbildung machen. Denn der Beruf ist mit viel Verantwortung verbunden und erfordert Wissen über Chemikalien, Verfahrenstechnik, Arbeits- und Umweltschutz und Maschinen. Möglich für Quereinsteiger bei Ursa ist, die Ausbildungsdauer von dreieinhalb auf zwei Jahre zu reduzieren. Erst kürzlich hat sich ein ehemaliger Restaurantfachmann für den Quereinstieg bei Ursa entschieden: Der 36-Jährige hat seine Ausbildung im August begonnen. Eine andere Möglichkeit ist, ohne Ausbildung als Chemiearbeiter einzusteigen. Zu den möglichen Aufgaben kann dann anfangs zum Beispiel gehören, chemische Produkte abzufüllen oder Kanister zu bekleben. Vorteil bei beiden Wegen in den Betrieb: Die Beschäftigten profitieren von den Vorzügen des Tarifvertrags. Dazu zählen neben regelmäßigen Gehaltssteigerungen auch eine Altersvorsorge, Urlaubsgeld und die 37,5-Stundenwoche. Und die Aufstiegsschancen sind sehr gut. „Man hat viele Möglichkeiten, sich hochzuarbeiten“, sagt Linscheid. So übernimmt das Unternehmen die Kosten, wenn ein Mitarbeiter sich für eine andere Aufgabe weiterbildet. Der Co-Chef des Unternehmens ist übrigens das beste Beispiel dafür, wie erfolgreich der interne Aufstieg sein kann. Andreas Möller begann vor mehr als 20 Jahren als Auszubildender im Betrieb. Heute ist er einer von zwei Geschäftsführern und verantwortlich für die rund 70 Mitarbeiter des Betriebs. e i n s 2 0 2 3 9 G E S I C H T E R D E R C H E M I E

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